Vom Sehnen und Suchen

Hanna Buiting holt mit "Vom Sehnen und Suchen" ein Stück Himmel auf die Erde. Sie schreibt jede Woche über Alltag und die Spiritualität, die man dort finden kann.

Statt Blumen

Statt Blumen
Der Muttertag feiert die Mütterlichkeit. Das wirkt ziemlich exklusiv, kann aber vielleicht doch verbindender sein, als es auf den ersten Blick scheint.

Gestern, am Sonntag nach Christi Himmelfahrt, wurde vielerorts Muttertag gefeiert. Mit Blumen, Herzen, Liebesliedern. Mit viel Kommerz und viel Kitsch. Lange Zeit hielt ich nicht viel von diesem selbsterklärten Feiertag, der so exklusiv erscheint. Ausschließend denen gegenüber, die keine Kinder haben. Die auf Kinder hoffen und warten oder Kinder verlieren und vermissen. Und auch ausschließend denen gegenüber, verurteilend manchmal sogar, die sich gegen Kinder entscheiden. Auch prägte mich meine eigene Mutter durch den schon früh geäußerten Wunsch, sie nicht nur einmal im Jahr wertzuschätzen, sondern auch sonst ruhig mal. Vor großen Geschenken und Gesten anlässlich dieses Tages habe ich mich daher immer gehütet. Und so hätte dieser Muttertag gestern ziemlich spurlos an mir vorüberziehen können, wäre ich nicht selbst von einem Glückwunsch zum Muttertag überrascht worden. Obwohl ich noch gar keine eigenen Kinder habe, im ursprünglichsten Sinne also keine Mutter bin, war die Nachricht doch an mich gerichtet. Von einer gleichaltrigen Freundin, die sich für das Mütterliche in der Welt und das Mütterliche in mir bedankte. Ihre Worte rührten mich sehr und brachten mich dazu, diesen Tag einmal anders wahrzunehmen als sonst. Als einen Tag nämlich, der die Mütterlichkeit feiert. Und das ist keineswegs exklusiv und ausschließend gemeint. Sondern eigentlich sehr verbindend. Weil sich jede und auch jeder darin vielleicht ein wenig wiederfinden kann.

Es passiert mir manchmal, dass vor allem Frauen, denen ich zum ersten Mal begegne, zu mir sagen: "So jung bist du noch? Ich könnte ja deine Mutter sein!" Darauf wusste ich bisher keine gute Antwort. Aber jetzt denke ich: Ja, ich bin jung. Und ja, du könntest meine Mutter sein. Und vielleicht bist du es ja auch. Jedenfalls ein bisschen. Neben der einen Mutter, die mich zur Welt brachte und die ich herzschlagartig liebte. Von Anfang an. Warum nicht? Dann nämlich, wenn du mir und anderen mütterlich begegnest. Fürsorglich. Wegbegleitend. Tröstend. Wenn du Hände reichst. Zum Schutz und zum Segen. Wenn du etwas dir Anvertrautes annimmst und es loslässt, wenn die Zeit gekommen ist. Wenn du durch dein Erzählen von der Erde Wurzeln gibst und durch deine Hoffnung auf Himmel Flügel verleihst. Wenn du sagst: Du gehst diesen Weg nicht allein. Hab keine Angst, geliebtes Kind. Vieles wird gut. Ich bin ja da.

Und plötzlich kommt es gar nicht mehr darauf an, wie alt man ist oder wie viele Kinder man zur Welt gebracht hat. Nicht einmal, ob man Frau oder Mann ist. Es ist viel eher eine Frage der Haltung. Wie gehe ich mit dem, was mir anvertraut ist, um?

Deswegen feierte ich diesen Tag dann doch ein kleines bisschen, indem ich voller Dankbarkeit dem Mütterlichen in der Welt und in mir selbst gedachte. An einem Sonntag. In aller Ruhe. Am Tag des Herrn. Feiertag eines Gottes übrigens, der sich mal väterlich und mal mütterlich zeigt. Fürsorglich, wegbegleitend, tröstend. Und immer wieder zusagend: Hab keine Angst, geliebtes Kind. Ich bin ja da.

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