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Die Evangelische Kirche im Rheinland macht die Seelsorge zum Schwerpunktthema ihrer Landessynode. Unterstützung und Hilfe für Menschen mit Sorgen, Nöten und Ängsten gilt als ein wesentliches Element kirchlicher Arbeit.
Außerdem steht der erste Bericht von Präses Thorsten Latzel auf der Tagesordnung, der vor einem Jahr zum neuen leitenden Theologen gewählt worden war. Für die ausscheidende Oberkirchenrätin Barbara Rudolph wählt die Synode ein neues theologisches Mitglied in die Kirchenleitung. Wegen der Corona-Pandemie tagt die Synode der zweitgrößten deutschen Landeskirche zum zweiten Mal in Folge per Videokonferenz.
"Es gilt zu erkennen, dass Seelsorge kein optionales Angebot im Sinne einer Dienstleistung ist, die Gemeinden, Kirchenkreise oder die landeskirchliche Ebene vorhalten oder wegfallen lassen können", heißt es in einer 66-seitigen Vorlage an die rund 200 Synodalen. Seelsorge müsse in allen Bereichen und auf allen Ebenen kirchlichen Handelns ausgestaltet werden.
Aufgrund der sinkenden Pfarrstellenzahl von aktuell rund 1.800 auf etwa 1.000 im Jahr 2030 seien die gewohnten und gewachsenen Modelle seelsorglicher Versorgung durch Pfarrerinnen und Pfarrer wie etwa in Krankenhäusern, der Gemeinde oder in Gefängnissen absehbar nicht mehr flächendeckend aufrechtzuerhalten, heißt es in dem Papier weiter. "Ein strukturbezogenes 'weiter so wie bisher' ist keine Option mehr." Auch "weiter so - nur ein bisschen kleiner" funktioniere nicht. An Strukturen festzuhalten, solange es gehe, binde große Kräfte, die aktuell gebraucht würden, um zukunftsfähige Modelle zu erproben.
Die "Perspektivschrift" wirbt daher für Veränderungen. So gelte es, auf den Sozialraum zu achten und gesellschaftliche und kirchliche Rahmenbedingungen anzunehmen. Auch müssten die Kompetenz der Seelsorgerinnen und Seelsorger und die Qualität der Seelsorge gesichert werden. Es brauche einen "Prozess der Kirchen- und Gemeindeentwicklung, der sich löst von der Struktur einer pfarramtlichen Versorgungskirche und sich öffnet hin zu einer verstärkt multiprofessionellen, gaben- und möglichkeitsorientierten Beteiligungskirche".
Die Evangelische Kirche im Rheinland erstreckt sich über Teile der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland. Sie ist gegliedert in 37 Kirchenkreise mit 643 Kirchengemeinden. Oberstes Organ ist die Landessynode.
Stichwort: Seelsorge
Seelsorge versteht sich als Lebens- und Glaubenshilfe. Sie will Menschen in ihrer körperlichen, seelischen, geistigen und sozialen Wirklichkeit unterstützen. Seelsorge soll ermutigen, stärken, trösten, begleiten und dabei helfen, Krisen zu bewältigen und Probleme zu lösen. Da Menschen mit ihren Sorgen und Nöten in der Seelsorge einen geschützten Raum finden, steht sie unter einem besonderen Schutz, dem sogenannten Seelsorgegeheimnis. Es ist wie das Beichtgeheimnis zu wahren.
Seelsorge achtet auf die individuelle Situation von Menschen, ihre unterschiedlichen Werte und Einstellungen. Allerdings bringen auch Seelsorger:innen ihre Überzeugungen in das Gespräch ein. Sie sollen jedoch keine eigenen Interessen verfolgen und die Notsituation des anderen nicht ausnutzen. Seelsorgearbeit kann zu Menschen kommen oder Menschen können sie suchen. Sie kann vor Ort oder auch virtuell stattfinden.
Vom evangelischen Verständnis her ist Seelsorge grundsätzlich der Auftrag aller getauften Christen. Dementsprechend leisten sie sowohl Pfarrer:innen als auch Ehrenamtliche. Dies knüpft an Jesu Handeln an, der seine Gemeinde beruft, etwa Traurige und Sterbende zu besuchen und zu trösten. Seelsorge ist Praxis des Evangeliums und Ausdruck der Zuwendung Gottes. Menschen, die von der Kirche den Auftrag zur Seelsorge in besonderen Bereichen übertragen bekommen, benötigen eine intensive fachliche Vorbereitung und Begleitung. Eine regelmäßige Supervision ist ebenso nötig.
Seelsorge lässt sich in vielen unterschiedlichen Bereichen finden. Dazu gehören etwa Krankenhaus-, Militär- und Notfallseelsorge, aber auch die Zirkus- und Schausteller-, Urlauber- sowie Gehörlosenseelsorge.