Hannover (epd). Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche hat es in der evangelischen Kirche in größerem Ausmaß gegeben als bislang angenommen. Ein von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beauftragtes unabhängiges Forscherteam stellte am Donnerstag in Hannover seine Studie vor, in der von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern die Rede ist.
Das sei jedoch nur die "Spitze der Spitze des Eisbergs". Es gebe Kenntnisse über weitere Fälle, die aufgrund fehlender Informationen nicht hätten strukturiert erfasst werden können, heißt es in der Mitteilung des Forscherteams. Untersucht wurden den Angaben zufolge flächendeckend nur Disziplinarakten.
In einer Hochrechnung, die aus Sicht des Forscherteams mit "sehr großer Vorsicht" betrachtet werden muss, ergäbe sich eine Zahl von insgesamt 9.355 Betroffenen bei geschätzt 3.497 Beschuldigten. Bislang war nur bekannt, wie viele Betroffene sich in den vergangenen Jahren an die zuständigen Stellen der Landeskirchen gewandt haben. Nach Angaben der EKD waren das 858.
Die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs sagte bei der Vorstellung der Studie: "Wir haben uns auch als Institution an unzählig vielen Menschen schuldig gemacht. Und ich kann sie, die sie so verletzt wurden, nur von ganzem Herzen um Entschuldigung bitten." Diese Bitte um Entschuldigung könne nur glaubwürdig sein, "wenn wir auch handeln und mit Entschlossenheit weitere Veränderungsmaßnahmen auf den Weg bringen". "Wir haben diese Studie gewollt, wir haben sie initiiert und wir nehmen sie an, mit Demut", sagte Fehrs.